Albstadt-Tailfingen

Gnadenloser Humor im Angesicht des Todes

22.03.2018

von Jennifer Dillmann

Die Komödie im Bayerischen Hof gastierte mit „Arthur & Claire“ im Thalia-Theater.

Das Theaterstück „Arthur & Claire“, das am Dienstag im Thalia-Theater zu sehen war, vereint etwas scheinbar Unvereinbares: Das Thema Selbstmord wird im Licht der Ironie und des Humors dargestellt. Er – vom Lungenkrebs befallen, mit zerstörtem Familienglück – und Sie – allein gelassen seit dem Autounfall, der ihr Mann und Tochter nahm. Zwei vom Schicksal gezeichnete Figuren, „Arthur & Claire“, deren Wege sich zum passendsten aller Zeitpunkte kreuzen.

Das Stück entsprang der Feder von Stefan Vögel, der sich als Theater- und Drehbuchautor einen internationalen Namen machte. Das Ensemble besteht aus Eva-Maria Grein von Friedl alias Claire, Hardy Krüger jr. alias Arthur und Ricardo Angelini in der Rolle von Arthurs Sohn. Regie führt Ute Willing. „Arthur & Claire“ ist ihre erste Arbeit für die Komödie im Bayerischen Hof. Thomas Pekny sorgte für Bühnenbild und Requisiten.

Wir sehen zwei weiße, unpersönliche Hotelzimmer, Wand an Wand. Darin zu sehen sind der piekfeine Lehrer Arthur und die fahrlässig gekleidete Claire. Während die Szenerie neutral gehalten ist, baut sich zwischen den Figuren ein Spannungsverhältnis zwischen Parallelen und Gegensätzlichkeit auf. In pantomimischer Form spiegeln sich die Figuren und auch ihre emotionale Verfassung stimmt überein: Beide wollen sich das Leben nehmen. Das Wesen zeigt Widersprüche auf. Er ist alt, sie ist jung; er ist beherrscht, sie impulsiv; er hört Ravel, sie die Doors.

Figuren im Einklang

Das erste Aufeinandertreffen erfolgt, als Arthur sich über die laute Musik beschweren will. „End of the Night“ schallt durch das Theater und verkündet die Todessehnsucht. Messer, Tabletten, Strick – Claire ist noch unentschlossen, wie ihr Ende erfolgen soll. Er kann darüber nur lachen, da er sich in ähnlicher Situation befindet. Sein Todestermin ist auf den folgenden Mittag angesetzt mit im Krankenhaus verabreichtem Todescocktail. Er vermiest ihr die Tabletten und empfiehlt den Pulsaderschnitt.

Im Gespräch entwickelt sich ein ständiges Hin und Her zwischen Annähern und Abstoßen. Mal erzählt sie ihre Leidensgeschichte und bricht in seinen Armen in Tränen aus, wobei sie ohne ästhetische Inszenierung hustet und schnieft, dann wiederum schleudern sie sich „So eine blöde Planschkuh!“ oder „Was für ein Arschloch!“ entgegen. In jedem Fall ist das Spiel schonungslos direkt.

Der Blick aus dem Fenster zeigt Amsterdam. Claire wird von ihrer Liebe zur Stadt ergriffen und will Arthur, der vom Flughafen schnurstracks ins Hotel gefahren ist, die Stadt zeigen. „Jetzt?!“ - „Ja, wann denn sonst! Oder soll ich Sie morgen im Leichenwagen durch die Stadt führen?“ Sie gehen Essen, trinken, tanzen, rauchen und wachen am nächsten Morgen verkatert nach einer leidenschaftlichen Nacht zusammen im Bett auf. Dennoch will er sich nicht von seinem Plan abbringen lassen, dem Krebs zuvor zu kommen. Hoffnung besteht erst, als seine Schuldgefühle ans Licht kommen. Er hatte die Leben seiner Frau und seines Sohnes zerstört, indem er mit der Verlobten seines Sohnes geschlafen hatte.

Tiefgründig und authentisch

Das Ganze gipfelt in einer abenteuerlichen Szene: laute Musik, ihr verzweifelter Sprung aus dem Fenster, er tritt die Tür auf, springt hinterher – durchnässt stehen sie im Bademantel zusammen und entschließen sich für das Leben. Auch wenn die Schlussszene zeigt, dass er den Kampf gegen den Krebs verloren hat, hat er sich zumindest mit seinem Sohn wieder vertragen und Claire hält das gemeinsame Kind in den Armen. Der Tod ließ sich nicht aufhalten, aber die Figuren konnten Frieden finden.

Das Ensemble vollbrachte ein aufregendes Schauspiel mit gnadenlosem Humor und abenteuerlichen Szenen. Fern der Ironie integriert das Stück zudem tiefgründige Weltanschauungen und authentische Gefühle.

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