Sigmaringen

Größte Reform aller Zeiten: Das ändert sich für 60.000 Katholiken im Kreis Sigmaringen

10.04.2024

von Michael Hescheler, Julia Brunner

Größte Reform aller Zeiten: Das ändert sich für 60.000 Katholiken im Kreis Sigmaringen

© Michael Hescheler

Stefan Schmid leitet die künftige Pfarrei Herz Jesu Sigmaringen.

Die Katholiken zwischen Gammertingen, Sigmaringen, Meßkirch und Pfullendorf bereiten die größte Reform in ihrer Geschichte vor: Ab dem Jahr 2026 werden die 75 Pfarreien zu einer Großpfarrei zusammengelegt. Dazu gehören auch die Seelsorgeeinheiten Gammertingen-Trochtelfingen und Straßberg-Veringen. Mit der Berufung von Dekan Stefan Schmid zum leitenden Pfarrer der neuen Einheit hat das Erzbistum Freiburg die ersten Weichen gestellt. Worauf müssen sich die 60.000 Katholiken in dem Gebiet einstellen? Antworten auf zentrale Fragen.

Warum entschied sich Pfarrer Stefan Schmid, die Leitung der neuen Pfarrei zu übernehmen?

Der derzeitige Dekan und Pfarrer von Meßkirch, Sauldorf und Wald sagt, er fühle sich wohl in der Raumschaft. „Mir gefällt der Menschenschlag, ich fühle mich hier am richtigen Platz.“ Deshalb empfand es der 42-Jährige als sinnvoll, sich an seiner bisherigen Wirkungsstätte zu bewerben. Schmid formuliert für sich den Anspruch, „für alle da zu sein, ohne überall sein zu können“.

Aus diesem Grund werde er nicht den Eindruck erwecken, er sei der Stadtpfarrer von Sigmaringen. Keine Option sei für ihn die Leitung gewesen, weil er länger als acht Jahre in Sigmaringen arbeite und deswegen als Kandidat ausscheide, erklärt der Sigmaringer Pfarrer Ekkehard Baumgartner. Er persönlich strebe keine Leitungsfunktion an.

Was geschieht mit den leitenden Pfarrern der derzeitigen Seelsorgeeinheiten?

Für Pfarrer Wolfgang Drescher von der Seelsorgeeinheit Gammertingen-Trochtelfingen wird die Umstellung auf eine Großpfarrei Sigmaringen wahrscheinlich der Übergang in den Ruhestand sein. Der Sigmaringer Pfarrer Ekkehard Baumgartner lässt seine persönliche Zukunft noch offen. Wie es für ihn weitergehe, werde sich in den kommenden Monaten entscheiden.

Für seinen Kollegen Pfarrer Olaf Winter (Veringenstadt) ist eines schon klar: „Ich werde dann nicht mehr leitender Pfarrer sein“, sagt er. Aktuell ist Winter für die Seelsorgeeinheit Straßberg-Veringen zuständig. Stattdessen werde er mitarbeitender Pfarrer sein, was bedeutet, dass Winter sich auf die Seelsorge konzentrieren wird. „Mit Blick darauf, dass ich 2026 meinen 65. Geburtstag feiern werde, habe ich mich dazu entschlossen“, so Winter.

Es gebe aktuell keine Garantie, dass er als Pfarrer im Laucherttal bleiben werde, auch wenn Winter das bevorzugen würde. Pfarrer Simon Dreher von der Seelsorgeeinheit Krauchenwies-Rulfingen sagt: „Mir wurde in Aussicht gestellt, dass ich weiter hier tätig sein kann, wobei mein Radius größer werden wird.“

Wie sieht das Seelsorgerteam aus, das die künftige Pfarrei leiten wird?

In Kürze wird das Erzbistum den Stellvertreter von Stefan Schmid berufen. Zudem wird es einen leitenden Referenten geben, der für die Führung von Mitarbeitern wie Gemeinde- und Pastoralreferenten zuständig ist. „Wir werden insgesamt weniger Mitarbeiter sein, aber ich erwarte nicht den großen Einbruch“, sagt Schmid über die künftige personelle Ausstattung der neuen Pfarrei. Ein Geschäftsführer wird sich um die Belange der Verwaltung und kaufmännische Themen kümmern.

Wie wird die neue Kirchengemeinde heißen und wo wird sie ihren Sitz haben?

Auch diese Entscheidung ist zwischenzeitlich gefallen. Die neue Kirchengemeinde wird Herz Jesu Sigmaringen heißen; kirchenrechtlich trägt sie den Titel „Römisch-katholische Kirchengemeinde Sigmaringen“. Rechtlich schließen sich alle bisherigen 75 Pfarreien der neuen Kirchengemeinde an und geben damit ihre Selbstständigkeit auf. Dies bedeutet: Das Vermögen der bisherigen Gemeinden geht an die neue Pfarrei über.

Wenn die 75 bisherigen Pfarreien in der neuen Pfarrei aufgehen – was bedeutet dies für das Leben und den Glauben der Christen vor Ort?

Das ist der Knackpunkt der Reform. In vielen Gemeinden vor Ort sind bereits sogenannte Gemeindeteams gebildet worden, die vor Ort den Hut auf haben werden. Die Arbeit der Gemeindeteams wird in der neuen Struktur wichtiger werden. Das Ziel der Verantwortlichen der Seelsorgeeinheit Sigmaringen ist, die Gemeindeteams möglichst eng zu begleiten. „Mir geht es um die Lebendigkeit der Gemeinden vor Ort. Sie auf die Reform vorzubereiten, da fließt derzeit unsere hauptamtliche Kraft rein“, sagt der Sigmaringer Pfarrer Baumgartner.

An welchen Orten werden künftig verlässlich Gottesdienste gefeiert?

Das ist noch nicht entschieden. Der künftige Leiter der neuen Pfarrei kann sich vorstellen, dass in größeren Kommunen wie Gammertingen oder Sigmaringen sonntags zu fixen Zeiten Messen gelesen werden. Dekan Schmid verweist auf einen Arbeitskreis, der die Entscheidung vorbereitet.

Wie geht es jetzt weiter?

Im Herbst werden die Vertreter der Gemeinden vor Ort erneut zusammenkommen, um eine Gründungsvereinbarung zu unterzeichnen. Dekan Schmid rechnet damit, dass die Eckpfeiler der künftigen Struktur danach stehen werden und er gezielter informieren könne.

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