Dotternhausen

Schlachtung mit Achtung: Dotternhausener Metzger ist mit seiner Methode Vorreiter im Land

03.05.2024

Von Daniel Seeburger

Schlachtung mit Achtung: Dotternhausener Metzger ist mit seiner Methode Vorreiter im Land

© Daniel Seeburger

Die beiden Metzger Sven Balzer (links) und Manuel Ulmschneider mit der mobilen Schlachteinheit.

Ein saftiges Rindersteak, ein zarter Rinderbraten. Da läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Aber so einfach ist die Sache nicht. Vor dem Genuss steht die Schlachtung eines Tieres. Und damit das möglichst angst- und stressfrei für das Tier abläuft, ist der Metzger gefordert. Sven Balzer (55) aus Dotternhausen zum Beispiel. Er schlachtet mit einer so genannten mobilen Schlachteinheit. Und ist damit ein Pionier im Ländle. Er hat als erster diese Methode angewendet.

Sven Balzer ist Metzger von Beruf. Einer, für den das nicht nur ein Job ist wie jeder andere, sondern ein Handwerk mit Verantwortung – gegenüber seinen Kunden und gegenüber den Tieren, die er schlachtet. Denn er ist überzeugt: „Maximaler Tierschutz bei der Schlachtung mündet in bestmöglicher Fleischqualität.“

Balzer hat für seinen Betrieb den Schlachtprozess revolutioniert. Das Tier wird nicht zu ihm in den Schlachthof gebracht, er kommt mit seiner mobilen Schlachteinheit zum Tierhalter.

Rinder sind Herdentiere

„Schlachtung mit Achtung“ heißt die Art und Weise, wie Sven Balzer das Tier tötet. „Rinder sind Herdentiere und werden unruhig, wenn sie von ihrer Herde getrennt werden“, erklärt er und erzählt von einem Fall, der ihn sehr nachdenklich gemacht hat. Er wollte mit seinen Mitarbeitern ein Rind aus dem Viehanhänger ausladen. Das Tier stellte sich allerdings quer, wurde zunehmend nervöser und riss sich los. Und zwar nicht aus Aggressivität, sondern aus Angst. Balzer sagte den Schlachttermin ab.

Wenige Tage später erhielt er seine mobile Schlachteinheit. Aus diesem zweiachsigen, geschlossenen Anhänger kann ein mobiles Gatter ausgefahren werden. Das Rind geht aus eigenem Antrieb ins Gatter und wird dort gefüttert. Während es frisst, steht es ruhig am Platz, man setzt den Bolzen an und drückt ab. „Die meisten Rinder haben noch ein Grasbüschel im Maul“, sagt er. Nun bleiben ihm und seinem Mitarbeiter, Metzgermeister Manuel Ulmschneider (35) aus Zepfenhan, noch genau 60 Sekunden, um den sogenannten Bruststich zu setzen. Dazu wird das Tier im mobilen Gatter in den Wagen gezogen. Dann schließt sich der Wagen mit einem automatischen Rolltor. Im Wagen wird das Tier gestochen. Dann geht es ins Schlachthaus nach Dotternhausen.

Mobile Schlachteinheit kommt zum Landwirt

Schon einige Tage vor dem eigentlichen Schlachttag bringen Sven Balzer und Manuel Ulmschneider die mobile Schlachteinheit zum Landwirt in den Stall oder auf die Weide. Das Tier wird vom Landwirt langsam an die neue Situation herangeführt. Schon kurze Zeit später weiß es, dass es im Gatter besonders leckeres Futter gibt. Am Schlachttag geht das Rind ohne Stress, ohne Zwang und ohne Manipulation selbstständig ins Fangmodul. „So viel Zeit muss einfach sein“, sagt der Dotternhausener Metzger. Hier trifft Balzer auch das Rind wieder, das auf der Weide panisch um sich getreten hat. Dieses Mal allerdings ist das Tier kurz vor der Schlachtung ruhig und frisst entspannt ein Büschel Gras.

Sven Balzer ist von dieser Art der Schlachtung überzeugt. Überzeugt ist er auch davon, dass die Tiere angst- und stressfrei geschlachtet werden. „Mit diesem neuen Schlachtverfahren ermöglichen wir, dass die Landwirte ihre Verantwortung bis zum Schluss behalten“, sagt er.

Metzgerhandwerk ist gefährdet

Der Dotternhausener Metzger ist ein Verfechter seines Handwerks, das er immer mehr gefährdet sieht. Gerade auch durch den Wegfall der Strukturen, die für jeden Metzger in der Region wichtig sind. Der Schlachthof in Balingen ist geschlossen, also muss man in Rottenburg oder Villingen schlachten lassen, wenn man kein eigenes Schlachthaus mehr hat. Im Zollernalbkreis gebe es gerade noch 17 schlachtende Betriebe, viele davon sind Landwirte. Metzger, die die komplette Zulassung für die Schlachtung für Rinder, Schweine, Schafe und andere Tiere haben, gibt es noch weniger. Und die Entwicklung ist alles andere als rosig.

„Wir haben als Gesellschaft eine Verantwortung – und dieser Verantwortung werden wir nicht mehr gerecht“, erklärt der 55-Jährige. Zwar konsumierten fast alle Fleisch, trotzdem hängen immer mehr Metzger ihr Handwerk an den Nagel. Ein zentraler Schlachthof in der Region sei notwendig, ist Balzer überzeugt, die Realität zeige aber eine anderen Tendenz. „Es geht letztlich um den Tierschutz“, sagt er, „deshalb muss man eine Lösung finden, die für Tier und Mensch vernünftig ist.“

Ein Sprung ins kalte Wasser

Seit 25 Jahren führt Sven Balzer seine Metzgerei in Dotternhausen schon. 1999 übernahm er die traditionsreiche „Rose“ – früher Gaststätte und Metzgerei – an der Ortsdurchfahrt. Seit Herbst 2021 fährt er nun mit seiner mobilen Schlachteinheit zu den Landwirten. 90.000 Euro hat ihn das Gefährt gekostet. Dafür gab es zwar Fördermittel vom Land, gleichzeitig musste er sich ein Fahrzeug anschaffen, das für den großen Anhänger geeignet ist. „Es war ein Sprung ins kalte Wasser“, erklärt er rückblickend. Mit dem Metzgermeister Manuel Ulmschneider hat der Dotternhausener Metzger einen überzeugten Mitarbeiter gewonnen, mit dem er von Anfang an vertraut war. Denn der 35-Jährige erlernte vor 20 Jahren das Metzgerhandwerk bei Balzer. „Es ist der erste Lehrling, den ich in meinem Betrieb ausgebildet habe, jetzt ist er gottseidank wieder mit an Bord“, freut sich der Schömberger, „er ist ein echter Profi“.

Zwischen 80 und 100 Rinder pro Jahr werden für den Verkauf und für Direktvermarkter zwischenzeitlich geschlachtet, Tendenz steigend. Und das freut die beiden. „Die Wertschätzung steigt“, sagt Sven Balzer. Eine Wertschätzung, die seine Philosophie stützt. Denn Schlachtung mit Achtung bedeutet nicht nur eine hervorragende Fleischqualität, sondern auch einen verantwortungsvollen Umgang mit den Tieren. Deshalb sind Sven Balzer und Manuel Ulmschneider auch für Fragen offen, denn Transparenz ist ihnen wichtig.

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