Albstadt

„Wahrheit wird ans Licht kommen“: Angeklagte im Prozess um Gruppenvergewaltigung sagen aus

22.04.2024

Von Pascal Tonnemacher

„Wahrheit wird ans Licht kommen“: Angeklagte im Prozess um Gruppenvergewaltigung sagen aus

© Symbolbild: Michael Würz

Am Landgericht Hechingen wird der Fall rund um eine mutmaßliche Gruppenvergewaltigung in Albstadt verhandelt (Symbolfoto).

Die Angeklagten im Prozess um eine mutmaßliche Gruppenvergewaltigung in Albstadt beteuern am Landgericht Hechingen ihre Unschuld. Das Opfer ist wiederum erneut nichtöffentlich befragt worden. Ihr Fazit zu möglichen Verletzungen zog zudem eine Sachverständige.

Zum nunmehr vierten Mal sitzen die drei Angeklagten am Montagmorgen im Landgericht Hechingen hinter ihren Anwälten; herausgeputzt und wie immer in weißen Hemden.

Man könnte auch von den sprichwörtlichen weißen Westen sprechen. Zwei der drei Angeklagten beteuern am Montag ihre Unschuld. Der dritte Angeklagte sprach bislang nicht öffentlich über die Tatnacht.

Angeklagt ist eine Gruppenvergewaltigung im vergangenen August in einem Auto an einem Parkplatz am Rande von Ebingen – wir berichteten mehrfach.

Was geschehen sein soll

Dass es in dieser Nacht zu Oral- und Geschlechtsverkehr kam, bestreitet keiner der Beteiligten. Die Männer sind Mitte 20, aus Donaueschingen und Hüfingen, kennen sich schon lang und sind gute Freunde. Einer der drei lässt seinen Verteidiger verlesen, was in der Nacht aus seiner Sicht geschehen sein soll; der andere trägt quasi dasselbe in eigenen Worten vor.

So lässt sich erstmals für die Öffentlichkeit nachvollziehen, wieso die drei jungen Männer sich mit der jungen Frau getroffen haben sollen. Diese sei nämlich zunächst davon ausgegangen, dass sie sich nur mit einem der Angeklagten trifft.

Sie wollten eigentlich nur chillen

Laut der Aussagen der Angeklagten kam es quasi zufällig zu dem Treffen an diesem Tag im August. Bevor sie den doch etwas längeren Weg nach Sigmaringen antraten, sei aber telefonisch geklärt worden, dass die junge Frau mehr als eine Zigarettenlänge Zeit hat. Sie wollten chillen, etwas trinken, vielleicht in eine Shisha-Bar. So sei der Plan gewesen. Mit Sex hätten sie nicht gerechnet.

Beim Telefonat habe sie mit dem dritten Angeklagten gesprochen, der einen anderen Namen benutzte. Womit sich auch die Verwirrung um bislang unbekannte Namen aus vergangenen Prozesstagen aufklärte. Der eine bekam offenbar ohne ersichtlichen Grund vom ersten Angeklagten schon vor dem Treffen im Gespräch mit dem Opfer einen neuen Namen verpasst, den dieser dann weiternutzte; der andere nutzt einen Decknamen, um inkognito seine Freundin betrügen zu können.

Details aus der Nacht berichtet

Die Version der Angeklagten sollte aber auch darlegen, dass das Opfer vor dem Treffen von mindestens zweien im Auto gewusst habe. Anders als angeklagt. Was in der Nacht geschehen sein soll, schilderten die beiden jungen Männer haarklein aus ihrer Erinnerung. Sie erläutern, wer wann wo saß, dass Capital Bra gehört wurde und erzählten, worüber gesprochen wurde.

Dass sie sich erst gegenseitig vorstellten, dann zum Kennenlernen Flaschendrehen und Wahrheit oder Pflicht gespielt wurde, dass das alles keine Masche gewesen sei. Doch führte es laut der Angeklagten eben über intime Fragen zunächst zu ersten Berührungen und schlussendlich zum Sex.

Opfer habe nie Nein gesagt

Doch, so betonten sie, immer im Einverständnis mit der jungen Frau, die auch selbst explizite und intime Fragen stellte. Sie habe zudem auch unbedingt Sex mit dem ersten, schüchterneren Angeklagten gewollt, den sie zuvor schon getroffen haben soll und mit dem sie sich rege bei Snapchat ausgetauscht habe.

Ausführlich machen die Angeklagten deutlich, dass das Opfer nie Nein gesagt habe. Gewalt habe es nie gegeben. Unwohl habe sich das Opfer nie gefühlt, sind sie sicher. Vielmehr habe einer der Angeklagten Angst im Dunkeln gehabt, wollte mehrmals in dieser Nacht das Treffen abbrechen, auch weil es langweilig gewesen sein soll.

Böser Traum für Angeklagte?

Und als die junge Frau einmal eine Hand von ihrem Schenkel weggemacht hat, habe sie das mit einer früheren Vergewaltigung erklärt und dass sie deshalb einen Flashback habe, also eine Rückblende oder Erinnerung an diesen Vorfall, erzählt einer der Angeklagten. Dass man sie dann aber weiter berühre, sei in Ordnung gewesen, habe sie gesagt.

Der Prozess sei für den dritten Angeklagten ein böser Traum, er hoffe, dass die Wahrheit ans Licht kommt und das Opfer den Mut hat, die Wahrheit zu sagen. Eine eigenartige Dynamik habe der Abend gehabt, eine Vergewaltigung habe es aber nie gegeben.

Warum sollte das Opfer lügen?

Ein Motiv für die mutmaßlichen Lügen des Opfers lieferte einer der Angeklagten gleich mit: Liebe. Sie wolle so Aufmerksamkeit und ihren Ex-Freund, für den sie noch etwas empfinde, zurückbekommen.

Ob alles einvernehmlich war oder es eine Vergewaltigung gewesen sein muss, konnte auch eine Sachverständige nicht klären. Die wenigen nachweisbaren Verletzungen, die unauffällige gynäkologische Untersuchung, alle Erläuterungen zum Geschehenen sowie die Empfindungen der jungen Frau belegen weder eindeutig eine einvernehmliche Liebesnacht zu viert, noch eine Gruppenvergewaltigung. Es könnte beides gewesen sein.

Die Sicht des Opfers kennt die Öffentlichkeit nicht, nur die Anklage. Zum Schutz der 25-Jährigen wird ihre Intimsphäre nicht öffentlich thematisiert. Am Montag ist die Sigmaringerin erneut befragt worden, wieder unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Es sind zwei weitere Prozesstage terminiert: Am Freitag, 10. Mai, ab 9 Uhr sowie am Freitag 31. Mai, ab 9 Uhr, wird weiter verhandelt. Das ist der aktuelle Stand. Die Verteidiger haben weitere Beweisanträge angekündigt.

Diesen Artikel teilen: