Hechingen

„Fast schon gesellschaftliche Verwerfungen“: Polizeipräsident äußert sich in Jungingen sorgenvoll

28.02.2024

Von Michael Würz

„Fast schon gesellschaftliche Verwerfungen“: Polizeipräsident äußert sich in Jungingen sorgenvoll

© Michael Würz

Von links: Carmen Renner, Marco Renner, der frisch ernannte Leiter des Hechinger Polizeireviers, und Polizeipräsident Udo Vogel. Letzterer sieht die Polizei vor großen Herausforderungen.

Polizeipräsident Udo Vogel blickte am Mittwoch in Jungingen sorgenvoll auf die gesellschaftliche Entwicklung. Unterdessen kritisierte der verabschiedete Leiter des Hechinger Polizeireviers, Gerhard Schuler, die Politik scharf.

Dass, wer bei der Polizei arbeitet, „Leid sieht und in Abgründe blickt“, wie Polizeipräsident Udo Vogel am Mittwoch bei der Verabschiedung des Hechinger Revierleiters Gerhard Schuler sagte, ist weithin bekannt. Ziemlich umzutreiben scheint den Chef des Reutlinger Polizeipräsidiums aber darüber hinaus die gesellschaftliche Entwicklung. Nichts, sagte Vogel, sorge ihn derzeit so sehr wie „die Unzufriedenheit von Teilen der Gesellschaft über politische Entscheidungen“. Ist die Polarisierung eine Folge der vielfachen Krisen der Welt? „Sie haben sich in den vergangenen Jahren gehäuft“, konstatierte Vogel. Corona, die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, der Zuzug Geflüchteter: Die Gesellschaft ist gereizt. „Man kann fast schon von Verwerfungen sprechen“, sagte Vogel hörbar besorgt. Als Beispiel nannte er die Bauernproteste.

Themen wie die Bauernproteste machen auch vor dem Zollernalbkreis nicht (mehr) Halt

Derlei Themen machten auch nicht mehr vor dem Zollernalbkreis, nicht mehr vor Hechingen, Halt, wie er betonte. In dieser schwierigen Gemengelage müsse die Polizei neutral „zwischen all diesen Positionen stehen“, führte der Polizeipräsident weiter aus, der dabei auch an das Gewaltmonopol der Polizei erinnerte. Die im Übrigen immer „als Gesamtes bewertet wird“, so Vogel. „Menschen beurteilen nicht einzelne Beamte“, sagte er.

Kritische Töne in der Abschiedsrede

Gerhard Schuler wiederum nutzte seine Abschiedsrede im Junginger Feuerwehrhaus, um Entwicklungen in der Polizei, vor allem aber die Politik recht heftig zu kritisieren. Denn, so Schuler: „Das muss ich loswerden, bevor ich nichts mehr zu sagen habe.“

Gerhard Schuler kritisiert Einmischung der Politik

Und das, was Schuler dann zu sagen hatte, ließ durchaus aufhorchen. So prangerte der (jetzt) Ex-Chef des Hechinger Polizeireviers an, dass sich „die Politik immer öfter einmische“. Konkreter jedoch wurde er bei diesem Punkt nicht, schickte aber zur Einordnung sogleich hinterher: „Das gilt grundsätzlich, nicht nur im Augenblick.“ Auch er thematisierte die Polarisierung „nach rechts und links“. Und Schuler kam, ohne auch dies näher zu definieren, zu dem Schluss: „Man darf heute nicht mehr sagen, was man früher sagen durfte.“

„Menschen daran messen, was sie tatsächlich getan haben“

Schuler findet, man müsse „Menschen wieder mehr daran messen, was sie tatsächlich getan haben, nicht daran, welche Ansichten sie haben.“ Außerdem kritisierte Schuler in seiner Rede, „dass die Polizei grundlos in die rechte Ecke gestellt wird“. Diese stünde sofort unter Generalverdacht, während es jedoch „niemanden interessiert, wenn Beamte im Dienst verletzt werden“, wie er in seiner Rede befand.

Keine Spur vom Bürokratieabbau

Keine Spur könne der Erste Polizeihauptkommissar derweil vom Bürokratieabbau finden. Schuler kritisierte aber auch polizeiinterne Strukturen. „Die Polizei ist gezwungen, sich immer mehr zu spezialisieren“, sagte der Junginger. „Ich warne vor einer Überforderung der Streifenbeamten.“ Seien es doch diese, die den Polizeialltag gewissermaßen am Laufen halten. Als Beispiel nannte Schuler Themen wie häusliche Gewalt.

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