Handball

Nicht nur eine Frage der Qualität: HBW Balingen-Weilstetten taumelt dem Abstieg entgegen

21.04.2024

Von Marcus Arndt

Nicht nur eine Frage der Qualität: HBW Balingen-Weilstetten taumelt dem Abstieg entgegen

© Moschkon

Der HBW (im Bild Nikola Grahovac) bleibt nach der Pleite im Kellerduell Tabellenletzter.

Das war’s wohl für die „Gallier“ in der Handball-Bundesliga. Nach der desaströsen 21:25-Heimpleite im Kellerduell gegen die Bergischen Löwen ist der dritte HBW-Abstieg in den vergangenen acht Jahren perfekt.

Bereits lange vor der Schlusssirene leerten sich die Zuschauerränge in der Sparkassen-Arena. Verständlich, der fehlerhafte Auftritt der Schwaben hatte wieder einmal nichts mit Erstliga-Handball zu tun – im Kollektiv versagten die arrivierten Akteure.

Noch zu Beginn der Rest-Rückrunde hatte Jens Bürkle seine Truppe „als echte Gallier“ geadelt – davon war wie schon gegen die Körperkulturellen aus Leipzig (Endstand: 17:25) und beim Altmeister Gummersbach (25:33) nichts mehr zu sehen.

„Maximal enttäuscht“

Allein Keeper Mohamed El-Tayar (Fangquote: 40,5 Prozent) wehrte sich, der Rest des ballwerfenden Personals investierte erschreckend wenig. Keine Emotionen, kein Willen, kein Aufbäumen. Die hoch gehandelte, Champions-League-erfahrene Zagreb-Achse um Regisseur Filip Vistorop, Abwehrchef Nikola Grahovac und dem Ungarn Csaba Leimeter brachte ihr Potenzial nicht auf die Platte – wie viele andere auch.

Unaufgeregt drehten die Gäste aus dem Bergischen Land einen frühen 3:6-Rückstand (9. Minute), waren zur Pause wieder dran (12:11). In Durchgang zwei setzte sich der BHC erst mit drei Toren (13:16/39.), später mit fünf Treffern (15:20/46.) ab. Symptomatisch für schwache Schwaben: die Rote Karte gegen Daniel Ingason (39.) nach einem dummen Foul an Noah Beyer. Der Linksaußen der Rheinländer drehte hingegen mit vier seiner acht Tore in acht Minuten das Kellerduell fast im Alleingang. „Ich bin maximal enttäuscht“, räumte Jens Bürkle unumwunden ein.

Der Balinger Trainer sah in der ersten Spielsequenz seine Mannschaft noch klar besser: „Wir kommen super in die Partie rein, haben bis zum 5:1 ein gutes Tempo, eine gute Dominanz. Wir haben einen wichtigen Moment beim 7:4, wo wir den Gegenstoß auf das leere Tor nicht machen. Dann bringen wir den BHC nach und nach in das Spiel zurück.“ Es werde enger, so der Sportwissenschaftler weiter, „wir führen zur Halbzeit mit plus Eins, hatten aber das Gefühl, wir könnten zwei, drei Tore mehr vorne sein.“

Aber das Schlusslicht verballerte erneut viel zu viel – und fiel sukzessive zurück. „Wir geben das Spiel komplett aus der Hand und dem BHC immer mehr Selbstvertrauen“, kritisierte der 43-Jährige. Der versuchte alles, aber nichts funktionierte, „und der Gegner spielt es dann ganz souverän runter. Was man in dieser Phase, die sie haben, auch erst einmal machen muss.“

Erleichterter Interimstrainer

Erst wenige Tage vor dem Abstiegskracher in der ausverkauften „Hölle Süd“ trennten sich die Westdeutschen von Coach Jamal Naji – zogen nach zwölf Niederlagen in Folge doch noch die Reißleine. „Es war für uns wie eine Achterbahnfahrt“, verriet BHC-Interimstrainer Arnor Gunnarsson. Der Rekordspieler der Löwen war natürlich zufrieden: „Ich habe schon in der Kabine gemerkt: Das wäre heute was für uns. Die Energie, welche die Jungs gezeigt haben, wie sie gekämpft haben – unfassbar. Ich bin total glücklich, dass wir gewonnen haben.“

Anders die Gemütslage bei seinem Gegenüber, der den dritten Abstieg seit 2017 wohl nicht mehr verhindern kann. „Das war natürlich viel zu wenig“, gestand Bürkle ein, „wir können es beim 17:20 und 20:24 noch einmal enger gestalten. Das haben wir nicht geschafft, weil wir unglaublich viele Freie verworfen haben. . .“

Optimismus in Hamburg

Den HBW, welcher im bevorstehenden Abstiegsfall vor einem gewaltigen Umbruch steht, könnte diese unnötige Pleite noch so richtig ärgern. Der HSV Hamburg bekam als einziger der 36 HBL-Klubs (1. und 2. Liga) einen „blauen Brief“, muss bis zum 3. Mai nacharbeiten und eine bestehende Liquiditätslücke schließen. Andernfalls droht der Lizenzentzug – und nur ein Verein steigt dann sportlich aus dem Oberhaus ab.

Sebastian Frecke ist trotz der finanziellen Schieflage überzeugt, dass die Hanseaten weiterhin erstklassig bleiben. Der HSV-Geschäftsführer erklärte gegenüber der Sport Bild: „Wir werden die Unterlagen nachreichen und die Bedingung erfüllen.“

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